Dienstag, 30. Dezember 2014

Eine Erfahrung für's Leben

Nun ist es soweit, ich bin zu Hause. Zu Hause in Deutschland.
Nein, es sind noch keine 6 Monate vorbei. Ja, ich bin vorzeitig gegangen. Warum?

Ich muss sagen, Ghana ist ein wunderschönes Land. Wenn man reist, sieht man lauter wunderschöne, interessante Dinge, Natur, die verzaubert, Menschen, die trotz allen Lebensbedingungen und -Situationen ein Lächeln auf den Lippen und ein offenes Herz für alle Mitmenschen haben. Es ist ein friedliches Land, darauf sind auch alle in Ghana so stolz. Und doch war es nicht das Land, was ich anfangs so geliebt habe.
Ich bin ein Exot als Weiße unter den Schwarzen, das war mir von Anfang an klar. Die Mentalität ist grundverschieden von der Deutschen, auch das war mir klar. Aber es ist schwer, dort zu leben. Es gibt den Typ von Mensch, der alles lachend abschütteln kann, meine Mitbewohnerin war genau so eine, deswegen konnte sie anfangen, Ghana zu lieben. Ich bin der Typ von Mensch, dem es schnell zu viel wird. Das Gute ist - durch Ghana habe ich das über mich gelernt.
Ich kann nicht damit umgehen, dass mich jeder Mensch anfasst, teilweise richtig schmerzhaft. Ich kann es nicht leiden, wenn man nur als "die Weiße" und nicht als ein "normaler Mensch wie wir" behandelt wird, wenn man ständig überlegt "ist es nun wirklich so oder weil ich weiß bin". Ja, es mag simpel und sinnlos klingen, aber ich konnte es nicht mehr ertragen die Weiße und nicht ein Teil der Menschen zu sein. Ich weiß genau, dass Ghanaer alles nicht böse meinen, sondern sogar freundlich. Aber manchmal war es zu lieb gemeint.
Ich bin froh in Ghana gewesen zu sein und im Nachhinein schätzt man viele Sachen mehr als man es im Land direkt getan hat. Ich bin dankbar für meine zwei Familien, dass sie mir gezeigt haben, wie man ghanaisch kocht, wie man lebt und dass sie mich so herzlich aufgenommen haben und ich ein Teil der Familie sein konnte. Ich bin froh, mit den kleinen Kindern gearbeitet zu haben, denn ich für sie war endlich ein Freund da und kein Lehrer. Jemand, mit dem gespielt werden konnte. Sobald ich rein kam, sah ich die lächelnden Gesichter der Kinder, die schlaftrunken mit ihren kleinen Beinchen auf mich zugestolpert kamen. Und trotzdem hatte ich nicht das Gefühl eine große Hilfe zu sein.

Es ist eine schwere Entscheidung gewesen, zu gehen, aber letztendlich die bessere. Ich habe mich im Großen und Ganzen nicht wohl gefühlt mit dem Projekt und dem Leben außerhalb. Nur die zweite Familie hat mir einen starken Halt geboten, allerdings ist dies nicht alles Entscheidende.
Die 3 Monate, die ich nun in Ghana war, haben mir viel gebracht. Eine Erfahrung, die mir keiner nehmen kann, Bilder, die nun in meinem Kopf gespeichert sind. Ich habe so viele negative Erfahrungen gemacht und trotzdem auch so viele gute Dinge erlebt, kleine Dinge, die mich nun prägen. Ich bin unendlich dankbar, in meiner zweiten Gastfamilie gelandet zu sein, denn sie waren wie eine richtige Familie für mich. Die letzten Wochen waren wunderschön für mich und nun konnte ich mit einem lachenden und einem weinenden Auge Ghana verlassen. Hätte ich die Entscheidung, vorzeitig zu gehen, nicht getroffen, hätte ich mich mehr oder weniger zwingen müssen, zu bleiben und hätte am Ende noch gesagt "Gott sei Dank fahre ich nun nach Hause". So saß ich mit Tränen im Flugzeug und habe mir geschworen, wiederzukommen.

Man muss es nicht verstehen, nur akzeptieren. Ich habe eine tolle Erfahrung gemacht, die mir vorkommt wie ein Jahr, ich habe viele nette Menschen kennengelernt, ich habe gesehen, wie einfach man leben kann und trotzdem offen ist, ich habe eine Familie gefunden, ich habe ghanaische Kultur erlebt und afrikanische Natur gesehen.

Afrika, mein Traum.
Danke an alle, die mich unterstützt haben, diesen Schritt zu gehen!
Danke an diejenigen, die mir immer zur Seite standen (wenn auch ganz weit weg), wenn es mir schlecht ging.
Danke an alle, die meine Berichte gelesen haben und mir somit gezeigt haben, dass sie sich für meine Erfahrung interessieren.
Danke Paula, dass du mir eine so gute (deutsche) Gastschwester geworden bist, die mir immer eine gute Shoppinghilfe war.
Und Livia, ohne die ich alle Deutschen nicht kennengelernt hätte.
Meine AFS-Gruppe, mit denen alle Unternehmungen wunderbar waren und die mich unterstützt haben.
Medaase to my host family, for everthing you've done for me. I miss you.

Danke AFS für diese Reise und Unterstützung in allen Situationen.







Bye bye 

Volta Region - Natur, die verzaubert

Wie versprochen, ein Nachtrag von meiner kleinen Reise in die Volta Region, den ruhigen Osten Ghanas.

Am 19.12. ging es mit Niklas, dem anderen deutschen Freiwilligen aus meiner Gruppe, für 5 Tage in die Volta Region. Auf eigene Faust haben wir uns ein paar Orte rausgesucht, die wir sehen wollten und sind dann jeden Tag auf gut Glück in ein Trotro gestiegen, losgefahren und haben nach einer Unterkunft gesucht. Es hat eigentlich immer gut geklappt!
Also. 19.12. ganz zeitig morgens sind wir zur Trotro Station und wollten mit einem Trotro nach Kpandu, einem kleinen Ort an der Ostseite des Voltasees fahren. Es gab nur ein Trotro in den Norden, aber wir konnten auf dem Weg aussteigen. Die Fahrt war super unangenehm, über die Straßen müssen wir ja nicht mehr reden. Aber wenn dann Taschen und Koffer in dem Mini-Gang neben dir stehen und bis zum Kopf reichen, man immer wieder schauen muss, dass alles sicher steht und nicht wieder halb auf dich drauf fällt und dann die Frau neben dir, mit ihrem kleinen Sohn auf dem Schoß, die ganze Zeit brechen muss....dann ist das eben nicht so angenehm. Aber gut, irgendwann sind wir dann ziemlich fertig angekommen und mussten auf die Suche nach einer Unterkunft. Das Schöne war, dass wir mit einer Frau auf der Fahrt gequatscht haben und sie uns sofort zu einer super Unterkunft gebracht hat und uns dann auch noch einen super Preis ausgehandelt hat. Danach hat sie uns noch ihr Haus, ihre Schwestern und Mutter gezeigt und vorgestellt und weil sie so lieb war, sind wir sie abends, nachdem wir den Ort etwas erkunden waren, noch einmal besuchen gegangen. Am nächsten Morgen hat sie uns mit einer dicken, liebevollen Umarmung verabschiedet. Und man muss bedenken, dass Umarmungen sehr untypisch sind. Ein klasse Start in die Reise war also gesichert.
Am Samstag also sind wir wieder ganz zeitig raus, weil wir erst in die Hauptstadt der Volta Region wollten und von dort aus in einen kleinen Nationalpark. Ho an sich war weniger interessant, also sind wir ziemlich schnell weiter in den Kalakpa Nationalpark, wo wir erstmal eine knappe Stunde in praller Sonne, immer nur gerade aus, hinlaufen mussten. Mal wieder hatten wir kein Glück, was Tiere betraf, aber die Natur war sagenhaft. Erst geht man in den tiefsten Dschungel, über verknotete Äste, durch Lianen hindurch und wenn man raus geht, steht man in der Savanne, das Gras auf Augenhöhe. Es war wirklich unglaublich, auch wenn wir einfach zwei Stunden nur in der Sonne langliefen. Aber mit Pause an einem hübschen kleinen See und später noch einmal unter Palmen, wo uns eine Schlange begegnet ist (immerhin ein Tier!), war es eine sehr schöne und doch angenehme Safari. Und danach ging es zu dritt auf einem kleinen Moped zurück in die Stadt, so dass wir weiter fahren konnten. Herrliches Gefühl!
Noch am selben Tag sind wir weiter an die Küste in eine Lagunenstadt. Keta ist unglaublich. Nur ein ganz kleiner Landstreifen, rechts der Strand der Lagune, links der Strand vom Ozean.Und dieser weiße Sand, die Häuser unter den Palmen. Und wir fahren dort lang und denken, wir sind im Film. Unglaublich. Unser Gästehaus war dann mitten im Nirgendwo, alles war wie ausgestorben, aber man hat sich wohl gefühlt, weil die Natur uns verzaubert hat. Wir haben uns auch entschlossen, einen zweiten Tag dort zu verbringen und einen Strandtag zu machen.
Die letzte Station war ebenfalls an der Küste, Ada Foah, dort mündet der Volta im Ozean und bildet ein wunderschönes Delta mit 16 Inseln. Wir haben uns eine Bootsfahrt geleistet und sind dann um ein paar Inseln rumgefahren, haben auf einer eine Schnapsbrennerei (Akpeteshie - Zuckerrohrschnaps) besichtigt und durften auch einmal kurz kosten, Mit 45 % und 43 % auf nüchternen Magen, ging es dann also nicht mehr ganz so nüchtern weiter auf dem See. Eine Seefahrt, die ist lustig, eine Seefahrt die ist toll, jaja!
Am Ende durften wir noch baden. Mal wieder - ein Streifen an Strand, vor uns der Ozean, hinter uns der Volta. Es ist unglaublich.
Dann ging es zurück ins Hotel, was weit weg vom Schuss lag, wo wir die Einzigen Besucher waren und wo wir uns aber mal leckeres europäisches Essen gegönnt haben.
Das war auch schon wieder die Reise. Die letze Reise, ein wunderschöner Abschluss.

erster Ort - Kpandu-Torkor,eine kleine Hafenstadt am Voltasee. Der See im Nebel, wie im Film

Voltasee
Auf dem Weg zum Nationalpark

Wasserstelle im Kalakpa Nationalpark - zu spät, um Tiere trinken zu sehen

Aus dem Dschungel in die Savanne

Keta. Der Strand vor der Nase

Bootsfahrt auf der Volta, viele der Inseln sind bewohnt

unser Boot - rot, gelb, grün, Ghana wird überall sichtbar gemacht

Fischerboote

eine Seefahrt ... lalala 

... warum schreibe ich "die letzte Reise, ein wunderschöner Abschluss"?
Meine große Reise ist vorbei, Ghana ist nun ein Teil von mir. Warum vorzeitig? Das lest ihr im nächsten Post.

Mittwoch, 24. Dezember 2014

Merry Christmas aus Ghana

Ihr Lieben,

ich wuensche euch allen ein bezauberndes Weihnachtsfest mit der Familie, Freunden und all denen, die euch wichtig sind. Geniesst die Tage und vergesst nicht, dass Weihnachten ein Fest der Liebe und nicht der Geschenke ist. :)

Bei mir ist Heiligabend sozusagen erst morgen, gefeiert wird aber heute schon. Am Abend geht es auf eine grosse Party, ja, so machen das die Ghanaer. Morgen gibt es dann die Gastgeschenke fuer meine Familie, es werden Freunde kommen und wir werden - wie eben immer - essen. In die Kirche geht es sicherlich auch, wo dann getanzt und gesungen wird.
Die Strassen sind voll von Musik und langsam habe selbst ich ein bisschen Weihnachtsgefuehl. Heute Morgen bin ich in das Wohnzimmer gegangen und es stand ein riesengrosser geschmueckter Weihnachtsbaum da und die Weihnachtsmusik lief auch. Ich freu mich total auf morgen, denn es ist immer so schoen, der Familie hier mit kleinen Geschenken eine Freude zu machen. Auch wenn es hier gar nicht um Geschenke geht, hier wird es genossen mit der Familie zu sein und nicht, sich mit gekauftem Zeug zu ueberschuetten, was ich wirklich toll finde. :) (was auch nicht bedeuten soll, dass sich in deutschland alle mit geschenken ueberhaeufen, aber mehr als hier ist es allemal.)
Also - wundervolle Weihnachten euch allen!!!

Bald kommt auch noch ein kleiner Nachtrag meiner Reise in das Volta-Gebiet, von der ich gestern wiedergekommen bin.

Bis bald :)

Dienstag, 9. Dezember 2014

Ein Mensch geht erst dann von uns, wenn wir ihn vergessen

Eine schoene Tradition eigentlich, dass man hier in Ghana, nach einem Jahr eine Trauer- und Gedenkfeier gestaltet. Er geraet nicht in Vergessenheit, er lebt im Herzen und in den Gedanken mit allen Erinnerungen weiter, der Verstorbene.

Aber man muss sagen, es ist Stress pur fuer die Familie, es ist nicht leicht so ein riesen Fest zu organisieren. Gerade hier in Ghana, wo eine Beerdigung mit mehreren Hundert Gaesten ein gesamtes Wochenende ablaeuft. Eine Trauerfeier erscheint dagegen mit ca. 100 Gaesten wie nichts, das alles aber im eigenen Haus zu organisieren, ist schon wieder eine andere Sache. Alles muss sitzen, ausreichend Getraenke und Essen (letzteres sollte in Ghana kein Problem sein), Musik und Unterhaltung und vor allem auch der Strom muss da sein. Alles ist gelungen, sogar Strom hatten wir das ganze Wochenende.

Von vorne... Vor einem Jahr ist der Mann meiner Gastmutter gestorben und vergangenes Wochenende stand die Trauerfeier an. Die Vorbereitungen liefen die ganze Woche, immer wieder wurde geputzt, die Getraenkestapel wurden immer hoeher, neue Vorhaenge wurden aufgehaengt und und und.
Am Samstag ging es dann los...7 Uhr. Oder naja, 8.30 uhr, aber es sollte 7 Uhr losgehen. Wohin? Zum Friedhof in die Berge. Waeren die Friedhoefe hier nicht immer so verwahrlost, waere es wahrscheinlich der Schoenste, den ich je gesehen habe. Man hatte mal wieder einen so atemberaubenden Blick und wenn du weisst, dass eine geliebte Person an einem so wundervollen Ort ruht, dann ist schon ein grosser Schritt getan.
Am Grab, was uebrigens das Schoenste und Strahlendste von allen war (passt zu meiner Gastmama), wurde gebetet und gesungen und nach einer guten halben Stunde ging es wieder nach Hause. Dort haben mein grosser Bruder, Jude, und unser kleines Hausmaedchen, Mary, die letzten Vorbereitungen getroffen und die ersten Gaeste empfangen. Erste Aktion von allen, die vom Friedhof kamen, war das Haende waschen, macht man eben so, wenn man daher kommt.
Und dann sind alle Gaeste auch eingetrudelt und der Stress begann. 100 Gaeste in Haus und Garten verteilt. Fuer sie hiess es nun quatschen, essen, schlafen, quatschen. Viele haben in der Kueche geholfen, gekocht, Essen im Garten vorbereitet. Manche andere sassen einfach draussen und haben sich unterhalten, wieder andere haben Fernsehen im Eingangsbereich geschaut und noch andere sassen im Wohnzimmer und haben dort gequatscht. Die Musik lief den gesamten Tag in voller Lautstaerke, spaeter wurde auch getanzt. Ja, so laeuft das hier. Man feiert die Trauer, man verschliesst sich nicht und weint vor sich hin.


in der mitte meine gastmutter beim tanzen


es gab ein "klein wenig" fufu...

Am Sonntag ging die Feier weiter. Der Tag startete 7 Uhr mit einem Klopfen und der Frage, ob ich denn eigentlich in die Kirche mitkommen moechte. Ja natuerlich, gerade bei solch einem Anlass, wo die Familie gemeinsam geht, ist das doch selbstredend. Abgesehen davon, wollte ich wenigstens ein Mal mit meiner neuen Familie zur Kirche. Naja, gut, lassen wir das. Aber es war fuer mich wichtig, meine Gastfamilie zu begleiten und ich denke, fuer sie auch. Also ist der Sinn erfuellt.
Danach waren auch schon wieder Gaeste da, aber nur wenige. Es blieben auch nur wenige, aber dafuer kam und ging man eben. Sonntag war wirklich nur zum quatschen und ausruhen da, auch wir sassen den ganzen Tag nur da, haben immer mal den Aufwasch gemacht und uns dann wieder hingesetzt. Am Nachmittag kamen noch die Freunde von meinem Gastbruder und dann haben wir noch den Abend ausklingen lassen.
Eigentlich ist der Sonntag zum tanzen, trinken und feiern da, aber irgendwie waren wir alle sehr platt...


stelle sich das mal einer in deutschland bei einer feier vor - gaeste die schlafen :D
ich, gastmama lana, gastschwester ruby, gastbruder percy und die andere deutsche freiwillige paula :)

So viel zum Wochenende.
Ich wuensche euch allen eine schoene Advents- und Weihnachtszeit! Geniesst die Weihnachtslieder, ich habe gemerkt, dass die naemlich ganz schoen schrecklich sein koennen, wenn sie auf der Strasse zu hoeren sin dund du bei 30 Grad Celsius einfach nur schwitzend vorbei laeufst. ;-)
Bis bald